JOHANNES DOMENIG
"GLANZ DER SURROGATE"
Enviroment
Öffnungszeiten: Sonntag, 15.00 - 18.00
Und nach telefonischer Vereinbarung 0043 4252 2225
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o.T., 2002, Badezimmerschränke,
Knochen, Erde, Spielzeugsoldaten, Deteilansicht
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Johannes Domenig ist in seiner skulpturalen Arbeit dem
DASEIN auf der Spur.
In seinem Interesse an Existenzweisen hat er eine Vorliebe für
traditionelle Idyllen entwickelt, deren Inhalt er meist misstraut und
dabei Rückseiten beleuchtet.
Der Alptraum der Alltäglichkeiten ist Thema genug.
Die meist großformatigen, raumbezogenen Konzeptionen bestehen
vorwiegend aus vielen Einzelelementen, wodurch das Werk beliebig reduzier
- bzw. erweiterbar wird.
Produzierte, skulpturale Dinglichkeiten scheinen in der Präsentation
einem strengen Ordnungssystem zu unterliegen; Reihungen, Anordnungen,
Multiplikationen, ein auf Unendlichkeit angelegtes Koordinatensystem,
das lesbar wird; jedoch mehr Ahnung als Entschlüsselung hinterlässt.
Eine Verweigerung klassischen Bildhauermaterials ist spürbar präsent,
abgelöst von Formationen aus Watte, Erde, Stahl oder Gummi. Obwohl
ein ironischer Ansatz im plastischen Werk Basis zu sein scheint, zeigt
sich die Pointe jedoch meist in einer dem Tod unterstellten Metapher:
dem Memento mori des Barockzeitalters, jenem: "Vergiss
nicht, dass du sterblich bist !". Da jedes Zeitalter eine Hoch-Zeit,
also eine barocke Zeit, in sich trägt, setzt das "Memento
mori" von Johannes Domenig im Hier und Jezt unserer technoiden
Welt an, und wird in dialektischer Art und Weise schöpferisch behandelt.
Renate M.Obud
Ausstellungsansicht "Glanz der Surrogate" 2003 _ Dinglichkeiten/Polyuritan
Johannes Domenig hat sich in seinen jüngsten Arbeiten dem Material
Gummi angenähert. Er vollzieht diese Annäherung sehr bewußt
und dezidiert als Bildhauer und erarbeitet nach strengem Konzept Volumen
und Körper aus diesem Material, um im Verlauf dieser künstlerischen
Arbeit immer tiefer in die Faszination des Materials einzudringen.
Gummi als zunächst gleichsam antiskulpturales Material ist geprägt
durch Eigenschaften wie Elastizität, den Eindruck von Künstlichkeit,
aber auch verbunden mit einer geringen Wertschätzung, um nur diese
drei Aspekte anzuführen. In der Abwendung vom Konzept der konzentrierten
bildhauerischen Form und der Hinwendung zur Spurensuche, zur Auseinandersetzung
mit dem Relikt, zum prozeßhaften Werden von Formen und einer solchermaßen
behutsam vorgetragenen Suche ändern sich jedoch diese Materialzuordnungen
zu absolut positiven Kunstqualitäten.
Johannes Domenig hat sich voll auf diesen Gestaltwerdungsprozeß
eingelassen. An die Stelle der durchgeformten Bearbeitung des Materials
trat die Suche, die sensible Annäherung, das Finden und nachfolgende
behutsame Weiterformen. Aus diesem Arbeitsprozeß entsteht eine
Fülle verschiedenster skulpturaler Formen, teils aufgebaut, gefundene
Reste ebenso wie bewußt gesetzte Gestaltungskörper. Diese
behutsame Arbeit an der Formulierung der Einzelformen erfolgt in permanenter
Spannung zwischen persönlichem Zugriff und Rückgriff auf allgemeine
Tradition. Die einheitliche Farbe Schwarz" der einzelnen
Körper lenkt den Blick in konzentrierter Weise auf die jeweilige
Form. Das Umrißhafte verbindet sich mit dem Eindruck von Volumen,
ein körperhaftes Informell - das Unförmige" verbindet
sich so mit klar erkennbaren und zuordenbaren Gegenstandsformen.
Aus solchen Kombinationen heraus entwickelt sich eine Fülle von
Konnotationen zur Welt des Archaischen, zum Reliquienhaften, zu Relikten,
die weit in die Vergangenheit menschlicher Geistesgeschichten zurückweisen.
Es entsteht der Eindruck, als ob es sich um ausgegrabene Objekte handeln
könnte, ausgegraben" auch im übertragenen Sinn
aus den Tiefen unseres Unterbewußtseins.
In der Präsentation dieser Einzelobjekte operiert Johannes Domenig
stets mit einer rationellen Ordnung, einem Legesystem aus Zeilen, Koordinaten,
einer strengen Geometrie. Die dunkle Ahnung seiner archaischen Formverweise
- unterbrochen von kleinen persönlichen Ironieschüben - wird
als ein gleichsam textliches Ordnungssystem geführt. Der Charakter
der Vorläufigkeit, der Abstraktheit dieser Ordnung ist allerdings
offensichtlich. So wie sich die Vielfalt der Formen nicht einschränken
ließ, so wenig dauerhaft kann auch die streng inszenierte Anordnung
dieser Formen sein. Formen und Präsentationsordnung gestalten so
einen immer wieder geöffneten Dialog, der sich sehr deutlich auf
den Betrachter hin ausrichtet und dessen offene Beweglichkeit einfordert.
Johannes Domenig stellt damit einmal mehr in aller Deutlichkeit vor
Augen, daß sich gegenwärtige Kunst vom einzelnen Werkstück
hin zum Werkprozeß entwickelt: sowohl in der Entstehung von Konzeptgestaltungen
wie auch in ihrer Rezeption.
Peter Assmann
Trophaeensammlung, 1995,
Gummi/ vilkanisiert