Sommertheater - Oper
1. August 2003 ...........................ab 19 h
2. August 2003 ...........................Beginn der Oper 20 h
3. August 2003
Karten um 20 Euro ab sofort zu bestellen,
Bezahlung erfolgt an der Abendkasse.
-Le Cinesi-...................................Oper von Christoph
Willibald Gluck, 1745
Text..............................................Pietro
Metastasio
Die Sänger...................................Johanna Wölfl,
Barbara Jernejcic, Markus Forster, Bernd Lambauer
Die Musiker..................................Musica Aeterna Bratislava,
Concertino Amarilli,
Musikalische Leitung....................Peter Zajicek; Ulli
Nagy
Regie............................................Elisabeth Gabriel
Bühnenbild / Kostüme.................Raja Schwahn-Reichmann

Christoph Willibald Gluck
(1714-1787)
LE CINESI
Nach zwei Sprechtheaterproduktionen in den vergangenen beiden Jahren
steht diesen Sommer auf Schloss Damtschach die Musik noch mehr als sonst
im Mittelpunkt: mit der Opernserenade Le Cinesi
von Christoph Willibald Gluck wurde ein musikalisch-theatralisches Werk
gefunden, das dem genius loci auf vielfache Weise entspricht.
Die kleine Oper, deren Textvorlage des kaiserlichen Hofdichters Metastasio
bereits zwanzig Jahre vor der Vertonung durch Gluck die Erzherzoginnen
(darunter Maria Theresia) erfreut hatte, diente 1754 als Höhepunkt
eines mehrtägigen Barockfestes des Prinzen von Sachsen-Hildburghausen
auf seinem Marchfelder Schloss zu Ehren des Kaiserpaares.
Inhalt:
Lisinga, Sivene und Tangia verbringen den Nachmittag gemeinsam. Um sich
die Zeit zu vertreiben, wollen sie sich ein neues und harmloses Spiel
ausdenken, doch es fällt ihnen rein gar nichts ein! In diesem Moment
betritt Silango, Lisingas Bruder, das Zimmer. Die drei jungen Chinesinnen
sind entsetzt über seine Anwesenheit, denn schließlich ist
es einem Mann nicht gestattet, sich im Zimmer der Mädchen aufzuhalten.
Silango, der gerade aus Europa zurückgekehrt ist, macht sich über
diese typisch chinesische Vorschrift lustig, denn nirgends sonst gäbe
es so etwas noch. Nachdem sich die drei Freundinnen gebührend über
seine Kühnheit erzürnt haben, beschließen sie, er solle
erst weggehen, wenn es dunkel ist, damit ihn nur ja niemand sieht.
Lisinga hat nun auch den rettenden Einfall gegen die Langeweile: sie
könnten doch Theater spielen! Alle sind davon begeistert, und Silango
erklärt ihnen, daß diese Unterhaltung in Europa gerade sehr
modern sei. Nach einigem Hin und Her, wer denn nun anfangen soll, beginnt
Lisinga mit einer heroischen Szene. Sie spielt Hektors Witwe Andromache,
die sich weigert, Phyrrus zu heiraten und der nun droht, ihren Sohn
zu töten.
Sivene dagegen gefällt mehr das Pastorale, sie möchte eine
Schäferin spielen. Silango, der offensichtlich sehr von ihr begeistert
ist, schlägt vor, in ihrer Szene den Schäfers darzustellen.
Sie schlüpfen in die Rollen von Licoris und Tirsis, der sehr verunsichert
ist, ob Licoris ihn überhaupt liebt, da sie ihm seiner Meinung
nach immer nur die kalte Schulter zeigt. Licoris antwortet ihm, daß
sie ihn sehr wohl lieben möchte, aber nicht bereit ist, deshalb
in übertriebenen Liebeswahn zu verfallen.
Tangia, die Silango übel nimmt, daß seine Aufmerksamkeit
immer nur Sivene gilt, wählt als letzte eine komische Szene, in
der sie einen jungen affektierten Edelmann darstellt, der gerade aus
Europa heimkekehrt ist. Betroffen von Tangias Darstellung, in
der sich Silango ganz offensichtlich als Karikatur wiederfindet und
in der sie sich in ihrem Spott mehr als geplant gehen läßt,
versucht er nun, die Gemüter zu beruhigen und schlägt vor,
die Musikanten zu holen und zu tanzen. Ein Vergnügen, das Weinen,
Gähnen und Kränkung ausschließt.
Werkauswahl und künstlerische Intention:
Mit Le Cinesi wurde ein Werk ausgewählt, das nicht
nur in Entstehungs- und Uraufführungsgeschichte in geradezu idealer
Weise für den intimen Rahmen von Schloss Damtschach geeignet ist
(es wurde im kleinen Theater des barocken Landschlosses uraufgeführt),
sondern über seine unterhaltsamen Qualitäten hinaus einen
für eine Barockoper unglaublichen Reichtum an musikalisch-dramatischer
Ausdruckskraft und Facettenreichtum in der Charakterisierung der Figuren
und ihrer Beziehung zueinander besitzt.
Die in der raffinierten Textvorlage Metastasios angelegten und unter
der Oberfläche einer harmlosen und geistreichen Nachmittagsunterhaltung
verborgenen emotionalen Untiefen der zunächst so glatt und unversehrt
wirkenden Figuren; ihre verletzten Eitelkeiten, unterdrückten Wünsche
und unerfüllbaren Sehnsüchte, die sich in ihren jeweiligen
Arien erst unter dem Deckmantel einer theatralischen Darbietung entladen
und schließlich zu einer beinahe unauflöslichen Situation
der kollektiven Selbstentblößung führen, stellen für
uns den brisanten roten Faden der auf den ersten Blick so harmlos und
schlicht daherkommenden Handlung dar, welcher in der szenischen Umsetzung
herausgearbeitet werden soll. Das Spiel mit Schein und tatsächlichem
Sein der Figuren lässt sich dabei ideal anhand der musikalischen
Formen, Charaktere und Kontraste entwickeln, wobei die Arien den Dreh-
und Angelpunkt darstellen, bei dem jeweils die Maske fällt.
Die Umsetzung auf Schloss Damtschach:
Auf Schloss Damtschach wird der Zuschauer bereits durch das äußere
Umfeld vor der Vorstellung (Barockgarten mit entsprechender Dekoration
und Illumination) in die Erwartung eines harmlosen Barock-Vergnügens
eingestimmt, mit welcher der emotionale Kern der Oper umso intensiver
kontrastiert.
Der schon mehrfach erprobte Aufführungsort in der Tenne
des Schlosses bietet dabei gerade einer kleinen Bühne Raum, die
in idealer Weise die Fokussierung des Beziehungsgeflechts der Figuren
ermöglicht, welches durch eine reduzierte, klare Choreographie
im Raum dargestellt werden soll. Diese wird in den expressiven Arien
von den einzelnen Akteuren auf unterschiedliche Weise verlassen, wenn
sie mittels ihrer Theaterrollen aus ihren gesellschaftlichen Rollen
fallen und mehr von sich zeigen, als ursprünglich beabsichtigt.
Die Künstlichkeit der in dem kleinen Werk dargestellten, in Langeweile
und Konventionen erstarrten Gesellschaft soll optisch durch die Künstlichkeit
der in der Barockzeit in Mode gekommenen Chinoiserien dargestellt
werden, welche einerseits die angebliche Verortung des Stückes
(in China) aufgreift, gleichzeitig aber mit der europäischen Attitude
der Aneignung des Fremden, Exotischen arbeitet,
welche dem Spiel um Schein und Sein eine weitere optische Zuspitzung
liefert.
Die in Zeitzeugnissen überlieferte legendäre Pracht der Uraufführungsdekoration
aufgreifend sollen hierbei sowohl die Bühne, als auch die Kostüme
die glitzernde und perfekt geschlossene Oberfläche
bilden, durch die sich die unterdrückte Gefühlswelt an einzelnen
Punkten der Handlung umso deutlicher Bahn brechen kann. Hierbei sollen
zur Darstellung der psychischen Selbstentblößung
der Figuren in ihren Arien auch auf die Tradition des Kabuki-Theaters
zurückgegriffen werden, wodurch die innere Veränderung der
Figur durch die überraschende äußere des Kostüms
unterstrichen werden kann.
Der Rückzug schließlich in die rettende Form,
welcher über die Einigung der Beteiligten auf ein harmloses Tanzvergnügen
läuft, soll szenisch mit der optischen Wiederherstellung der Anfangssituation
einhergehen; ja sogar darüber hinaus in einer veritablen Maskierung
der Figuren enden, welche der betont unbeschwerten Heiterkeit der Schlussmusik
noch eine andere Dimension verleiht.
Das kleine Orchester bildet dabei durchaus auch inszenatorisch einen
Teil der Handlung, indem es einerseits musikalisch die Entwicklung der
Situationen vorantreibt, andererseits inhaltlich als Tanzorchester
zum Schluss zur Rettung der Situation und zur Wiederherstellung der
unversehrten Ausgangslage eine wichtige dramaturgische Funktion hat.
Die Musiker werden daher - die Bühne flankierend und stilistisch
passend gekleidet auch optisch Teil des Gesamtkunstwerks
werden.
Zum hinreichenden Verständnis des Handlungsinhalts sollen die raffinierten
und beziehungsreichen Dialoge der Rezitative auf Deutsch gesungen werden.
Die Arien, deren Situation immer im vorangegangenen Rezitativ geklärt
wird und die zumeist nur aus wenigen, sich wiederholenden Textzeilen
bestehen, werden aus musikalischen Gründen im italienischen Original
dargeboten. Dieser Bruch unterstreicht nochmals den Wechsel zu einer
anderen emotionalen Expressivität.